V.l

1990/2020, 8.7×12.6cm, 8 images, c-print

Auf den ersten Fotos, die ich in meinem Leben gemacht habe, ist die Zahl „90 3 27“ in digitaler Schrift als Aufnahmedatum zu sehen. Vor 29 Jahren hatte mein Vater mir eine gebrauchte Kamera Fujica Auto 5gegeben, die es mir ermöglichen sollte, unseren kommenden Familienurlaub zu dokumentieren.
 Ich war 8 Jahre alt und das erste Bild zeigt ein Flugzeug am Flughafen. Am nächsten Tag, den 28. März 1990, besuchten wir einen Zoo in Hongkong. Für mich war es der erste Zoobesuch mit einer eigenen Kamera in der Hand. Nicht nur wegen der Tiere sondern auch wegen des Fotografierens war ich sehr aufgeregt und nahm ununterbrochen das, was ich sah und mich begeisterte, auf; ein Flugzeug, eine Eisenbahn, Vögel, eine Krokodil-Show und so weiter.
Einige Tage nach diesem schönen Urlaub kam mein Vater aus dem Dienst heim und in seiner Hand hielt er eine Tüte mit dem Logo des Fotoladens darauf. An seinem Gesicht las ich ab, was in der Tüte steckte, denn ich dachte nach der Rückkehr aus dem Urlaub immer wieder an die Bilder. Ich konnte nicht vergessen wie viel Spaß mir das Erlebnis des Fotografierens bereitet hatte. Das Lächeln meines Vaters und die Tüte weckten schnell konkrete Erinnerungen bei mir. Ich rannte zu ihm, riss ihm die Tüte aus der Hand, öffnete sie und schaute mir die Bilder an. 
Dann, wie sonst nie, schrie ich ganz laut in meinem Kopf. „SCHEISSE! Was für eine SCHEISSE! Sind das wirklich die, die ich fotografiert habe? SCHEISSE, SCHEISSE! Ich sehe darauf NICHTS, sie erzählen GAR NICHT, was ich im Zoo gesehen und erlebt habe, was mich so sehr berührt hatte und was ich nie vergessen wollte. SCHEISSE, SCHEISSE, SCHEISSE! Ich hatte ganz andere Bilder im Kopf! Warum sind die Vögel darauf so winzig? Wie konnte ich die Gitterstäbe nicht bemerken? SCHEISSE, Fotografieren bringt überhaupt NICHTS!“
Die Bilder wecken bei mir die Erinnerung an meine erste Enttäuschung von mir selbst, meinem Fotografieren und meinem ersten Fotoergebnis und rückblickend war das eine Enttäuschung, die ich in Zukunft noch öfter erleben sollte. 
V. Ist die Abkürzung für Vogel 
 

“90 3 27” – this sequence is on the very first pictures I ever took in my life. My father⁠ gave me an used Fujica Auto 5. That was 27 years ago. He encouraged me to⁠ document our upcoming family vacation. I was eight years old, and the first⁠ photograph shows our plane waiting at the airport.⁠ 
On the next day, March 28th, 1990, we visited the zoo in Hong Kong. I was really⁠ excited – not only because of the animals, but also because it was the first time I had⁠ my own camera with me at the zoo. I took pictures of things that caught my eye and⁠ fascinated me: an airplane, a train, birds, a crocodile show, and so on.⁠ 
A couple of days later, my father came home from work with a plastic bag in his hand.⁠ It had the logo of the photo store on it. I could tell from the look on his face what⁠ was in the bag. I couldn’t stop thinking about all the photographs I took, and I⁠ couldn’t forget how much fun I had taking pictures of the world. The smile on my⁠ father’s face and the plastic bag – these are nice memories.
 I ran up to him, grabbed⁠ the plastic bag out of his hands, tore it open, and looked at the pictures. I started⁠ screaming like I never did before.⁠ “SHIT. SHIT. Are these REALLY the pictures I took? SHIT, SHIT. I can’t see ANYTHING.⁠ They don’t tell me ANYTHING about the zoo and what happened there. I had other⁠ pictures in my mind. Why are the birds so tiny? Why didn’t I see these bars? SHIT.⁠ Photography is USELESS.”⁠ This picture reminds me of my first experience of being disappointed in not only⁠ myself, but also in photography and its results. Looking back, I understand that this⁠ was just the first disappointment of many to come.

Text: Hayahisa Tomiyasu
Translation: Rieke Jordan⁠